Interview mit Dr. Thomas Zehrt
Interview mit Dr. Zehrt am 21.02.2023
RealWWZ: Guten Tag, Herr Zehrt, wir freuen uns, Sie im Namen von RealWWZ begrüssen zu dürfen. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das kurze interview nehmen!
Herr Zehrt bevor wir anfangen: Wie Geht es ihnen?...
Zehrt: Ja vielen Dank, ich kann nicht klagen.
RealWWZ: Herzlichen Glückwunsch für Ihren mittlerweile 6. Award als Best Lecturer! Sie haben die meisten Awards aller Dozenten. Was sagen sie dazu?
Zehrt: (…) Ich kann das selbst nicht wirklich erklären. Ich habe ja schon mal gesagt, dass ich mit Lob auch nicht so gut umgehen kann. Ich glaube, es liegt daran, dass die Leute mit niedrigen Erwartungen an die Uni kommen, wenn es um Mathe geht. Oder mit großer Angst und dann relativ erleichtert sind, wenn sie merken, dass es doch gar nicht so schlimm ist. Es ist vielleicht einfach nicht ganz so schlimm, wie man befürchtet. Das wäre meine erste und auch vielleicht naheliegendste Erklärung.
RealWWZ: (Zudem finde ich, können Sie komplexe und abstrakte Dinge gut darstellen, so dass wir Studenten das alles gut verstehen, auch wenn diese meist sehr kompliziert sind.)
Könnten Sie mir denn in 5 Sätzen kurz erklären, was „die Euler-Charakteristik nichtkompakter Mannigfaltigkeiten mit Spitzen und dem Satz von Gaus-Bonnet“ ist?
Zehrt: (lacht) Das ist schon lange her, das war meine Diplomarbeit. Und eine echte Herausforderung. Mannigfaltigkeiten sind Objekte, die lokal wie der euklidische Raum aussehen, aber global sehr verschieden sein können. Unsere Erdoberfläche könnte man als 2-dimensionale Mannigfaltigkeit ansehen. Wenn Sie sich nur in Ihrer Nähe (also lokal) umsehen, wissen Sie aber nicht, ob Sie z.B. auf einer Scheibe, einer Kugeloberfläche oder einem Torus stehen. Alles das sind Mannigfaltigkeiten und die Euler-Charakteristik ist eine Invariante, die man jeder Mannigfaltigkeit zuordnen kann. Was kompakt bedeutet, lernen Sie in der Vorlesung Mathematik 1.
RealWWZ: Sie haben in Göttingen ihr Diplom in Mathematik gemacht, wie sind Sie in die wunderschöne Stadt Basel gekommen? Was hat Sie hierhergezogen?
Zehrt: Ja, ich hatte eine Gastdozentin dort in Göttingen aus der Schweiz. Also eine Baslerin, bei ihr habe ich meine Diplomarbeit geschrieben. Sie ist dann aus Göttingen zurück gegangen in die Schweiz und hat mich mitgenommen. Das ist der typische Weg eines Akademikers, wenn man Glück hat.
RealWWZ: Gefällt es ihnen hier?
Zehrt: Absolut! Ich bin mittlerweile auch Schweizer, und es gefällt mir wirklich sehr gut. Möglicherweise ist Basel nicht die typische Schweiz. Es ist eine spezielle Stadt, gerade im Vergleich zur inneren Schweiz. Aber die Schweiz ist ein vielfältiges und spannendes Land.
RealWWZ: Was gefällt Ihnen denn am besten an der Stadt Basel? Was verbinden Sie mit Basel?
Zehrt: Ich müsste natürlich Fastnacht sagen (lacht), Der FC Basel (lacht erneut). Nein, natürlich ist es schwer zu sagen. Ich möchte Basel nicht klein reden, aber mir hätte es möglicherweise in jeder Stadt gefallen. Ich bin da relativ problemlos, ich fühle mich überall wohl. Aber nichts gegen Basel, Basel ist eine fantastische Stadt. (Lacht)
RealWWZ: Könnten Sie kurz erklären wie ein normaler Arbeitstag bei ihnen aussieht?
Zehrt: Gut, einen ganz normalen Arbeitstag gibt es eigentlich nicht. Heute hatte ich keine Vorlesung. Ich musste mich noch um ADAM kümmern und einige Dateien hochladen und freischalten. Dann gab es heute eine Wiederholungsprüfung für den Kurs Mathematik 2, also das war heute von 10:00 h-12:00 h. Diese habe ich zwar nicht beaufsichtigt (vielen Dank an das Studiendekanat!), aber ich habe dann heute korrigiert. Das ist auch einer meiner größten Arbeitsposten, Prüfungen zu korrigieren. Notenlisten schreiben, hochladen und bestätigen, ein bisschen Bürokratie.
RealWWZ: Ich kann mir vorstellen, kein Tag ist so wie der andere.
Zehrt: Ja das ist schon so, dann kommen die ersten E‑Mails, dass die Studierenden Prüfungseinsicht nehmen wollen, oder mit der Korrektur nicht zufrieden sind.
RealWWZ: Was macht Ihnen an ihrem Job am meisten Spass?
Zehrt: Ja, schon der Unterricht. Ich hatte in der letzten Woche den Vorkurs Mathematik, ich bin mir natürlich auch nie sicher, was die beste Art zu unterrichten ist, aber ich habe alles angeboten. Also reine Onlineveranstaltungen, Präsenzkurse im Hörsaal mit Livestream und Aufzeichnung. Leider ist aber niemand zu den Präsenzveranstaltungen gekommen, ausser eine Person am ersten Tag. (lacht) Gut ich kann das natürlich nachvollziehen. Da zweifelt man aber, was der beste Weg zu lehren ist. Aber im Grunde macht mir der Unterricht schon sehr viel Spaß, auch mit den Studierenden zu reden. Und auch Korrigieren macht mir nicht nicht Spaß. Ist meine Demutsübung, damit ich auf dem Boden bleibe. (lacht)
RealWWZ: Was hätten Sie gemacht, wenn Sie nicht Universitätsdozent geworden wären. Gab es Vorstellungen oder Wünsche, als sie noch ein Kind waren? Beispielsweise Pilot?
Zehrt: Eigentlich nicht. Ich wollte schon früh Physik studieren. Das war mein Traum, was Naturwissenschaftliches. Sicherlich gab es auch eine Zeit, wo ich mal Pilot werden wollte. Wobei doch! Ich wollte für eine lange Zeit mal Kriminalkommissar werden, muss ich gestehen. Daran kann ich mich noch gut erinnern. (lacht)
RealWWZ: Waren sie schon mal außerhalb der Uni in der freien Wirtschaft tätig?
Zehrt: Nein, tatsächlich nicht, der Kelch ist an mir vorbei gegangen. Zweimal fast, hat sich dann aber nicht ergeben. Ich habe mich sehr wohl an der Uni gefühlt. Es ist wirklich ein Privileg hier arbeiten zu dürfen. Klassische Uni-Karriere.
RealWWZ: Was wünschen Sie sich für die Zukunft, welche Ziele haben Sie bezogen auf die Universität, und auch privat?
Zehrt: Eigentlich nichts. Ich bin von Natur aus sehr zufrieden. Ich weiß natürlich, es gibt überall Probleme. Privat läuft auch mehr oder weniger alles perfekt. Eigentlich habe ich keine Wünsche.
RealWWZ: Was machen Sie gerne, wenn Sie nicht gerade arbeiten und Freizeit haben?
Zehrt: Ja, was mache ich gerne? Mathe mache ich gerne. Mathe ist komischerweise auch ein Hobby (lacht) Wenn ich Sport mache: Ich spiele jetzt wieder Tischtennis, das mache ich ganz gerne. Ein bisschen Fitness, aber eher für mich, nicht im Verein. Die Familie natürlich, die braucht relativ viel Zeit. Aber sonst traurigerweise gibt es da gar nicht so viel.
RealWWZ: Herr Zehrt, Sie achten auf die Umwelt, Sie haben schon über 66.000 Bäume gepflanzt, reisen nicht viel mit dem Flugzeug und haben einen weitaus geringeren CO2-Fussabdruck als der Durchschnitts-Schweizer. Was ist Ihre Motivation, so viel umsichtiger als die meisten anderen Bürger zu sein?
Zehrt: Es gibt genug Theoretiker, die über Nachhaltigkeit nachdenken. Aber mich persönlich wundert, dass dieser Gap existiert. Also eigentlich wissen doch fast alle, dass es sinnvoll und vernünftig wäre, sich zurückzuhalten und bescheidener zu leben. Ich finde, die Leute müssten sich eher erklären, die das nicht tun.
RealWWZ: Aber es erfordert auch Disziplin.
Zehrt: Ja gut. Stimmt, also für manch andere mehr als für mich. Vieles fällt mir nicht schwer. Ab und zu mal fliegen, mal eine längere Reise machen, ok, das ist nett. Aber es kostet mich keine Überwindung, auf Fleisch zu verzichten. Ich bin da relativ rational, ich schau mir das an, und wenn es vernünftig scheint, dann mache ich das halt.
RealWWZ: Klar, das ist wirklich gut, gerade in Bezug auf den Klimawandel und das Leben in der Zukunft.
Zehrt: Klar ich mache das für Sie, für Ihre Generation. Ich habe ja nicht mehr so viel vor mir und könnte es nochmal richtig krachen lassen. (lacht) Ich möchte auch, dass mein Kind davon profitiert. Wahrscheinlich ist es ja hoffnungslos, aber eventuell gewinnt man etwas Zeit.
RealWWZ: Zum Ende hin ein paar Kurzfragen für Sie…
Was ist ihr Lieblingsessen?
Zehrt: Spaghetti mit Tomatensauce
RealWWZ: Sommer oder Winter?
Zehrt: Sommer, aber kein heißer Sommer.
RealWWZ: Optimist oder Pessimist?
Zehrt: Solange ich nicht nachdenke, Optimist
RealWWZ: Auf einer Skala von 1 bis 10 wie gerne machen sie ihren Job?...
Zehrt: 9
RealWWZ: Die Letze Frage: Wenn Sie einen Kurs oder ein Fach belegen dürften, welches würden Sie dann wählen?
Ich glaube, ich würde Ingenieur werden wollen. Also Ingenieurwissenschaften, wo ich mehr mit den Händen machen kann als mit dem Kopf.
RealWWZ: Herr Zehrt, ich danke ihnen sehr herzlich für Ihre Zeit!
Zehrt: Ich danke auch Ihnen.