Interview mit Dr. Reto Odermatt
Interview mit Herrn Dr. Odermatt 2024
Herzlichen Glückwunsch zum Best Lecturer Award!
Könnten Sie sich bitte kurz vorstellen und uns einen Einblick in Ihre Vorlesungen Behavioral Economics and the Economics of Well-Being geben?
Dr. Reto Odermatt:
Vielen Dank! Ja, gerne. Ich bin Forscher und Dozent an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und beschäftige mich hauptsächlich mit Verhaltensökonomie und Lebenszufriedenheitsforschung, also der Schnittstelle von Ökonomie und Psychologie. In meiner Vorlesung geht es um Fragen wie: Was für ein Menschenbild hat die Ökonomie? Wo und warum weichen wir vom klassischen, rationalen „Homo oeconomicus“ ab? Was macht uns zufrieden? Diese Themen haben mich schon während meines Studiums fasziniert, und ich freue mich, diese Begeisterung nun an die Studierenden hier in Basel weitergeben zu dürfen.
Wie würden Sie einem 10-jährigen Kind erklären, was Behavioral Economics ist?
Dr. Reto Odermatt:
(lacht) Das ist eine Herausforderung! Ich würde sagen: Es geht darum, zu verstehen, warum Menschen sich so verhalten, wie sie es tun – zum Beispiel warum wir uns manchmal anders entscheiden, als wir es geplant hatten. Oft tun wir nicht das, was wir eigentlich wollten, und ärgern uns danach darüber. Verhaltensökonomie hilft uns, solche Phänomene zu verstehen und unser Bild vom Menschen zu erweitern.
Was hat Sie ursprünglich inspiriert, sich auf Behavioral Economics und Zufriedenheitsforschung zu spezialisieren?
Dr. Reto Odermatt:
Das Interesse an Zufriedenheit und Glück begleitet mich schon lange. Früher wusste ich selbst nicht genau, wie ich mein Leben gestalten wollte und habe deshalb neben Ökonomie auch Philosophie studiert, um Antworten zu finden. Während meiner Doktorarbeit habe ich dann gemerkt, dass die Zufriedenheitsforschung ein faszinierendes Feld ist. Man lernt, was Menschen im Durchschnitt zufriedener macht, und kann so aus Erfahrungen von tausenden Menschen lernen.
Haben Ihre Forschungsergebnisse Ihre eigene Sicht auf Glück und Wohlbefinden beeinflusst?
Dr. Reto Odermatt:
Ich denke schon. Durch meine Forschung habe ich viel über die Faktoren des Glücks gelernt und bin dadurch sensibler geworden für meine eigene Zeit und Zufriedenheit. Vor einigen Jahren habe ich zum Beispiel ein Sabbatical mit meiner Familie gemacht, um die gemeinsame Zeit bewusst zu erleben. Diese Erfahrung hat mir geholfen, achtsamer für mein Wohlbefinden zu sein und dies im Alltag mehr zu integrieren.
Welche Konzepte aus Ihrer Vorlesung lassen sich im Alltag anwenden?
Dr. Reto Odermatt:
Es gibt viele praktische Anwendungen. Wir besprechen etwa, wie Geld auszugeben Einfluss auf unsere Zufriedenheit hat – ob es uns glücklicher macht, für uns selbst oder für andere Geld auszugeben. Oder wie Arbeit mit unserem Wohlbefinden zusammenhängt. Auch das Thema Selbstkontrolle, zum Beispiel warum es schwerfällt, morgens aufzustehen, kommt vor. Es geht
darum, alltägliche Verhaltensweisen neu zu betrachten und die Mechanismen dahinter zu verstehen.
Worauf legen Sie in Ihrem Unterricht besonderen Wert, um die Studierenden zu motivieren?
Dr. Reto Odermatt:
Ich lege grossen Wert auf Alltagsrelevanz – die Themen sollen für das Leben der Studierenden bedeutsam sein. Ausserdem nutze ich interaktive Elemente, wie Umfragen, wobei Studierende Fragen beantworten oder Entscheidungen treffen können. Dadurch können wir Studien direkt im Unterricht replizieren, was den Studierenden zeigt, dass diese Phänomene nicht nur theoretisch
sind, sondern auch auf sie selbst zutreffen.
Was, glauben Sie, hat die Studierenden motiviert, für Sie zu stimmen?
Dr. Reto Odermatt:
Ich denke, es liegt an einer Kombination aus meinem eigenen Enthusiasmus für das Thema, welcher auf die Studierenden überspringt und den lebensnahen Inhalten, welche wir in der Vorlesung behandeln. Auch die interaktiven Elemente werden geschätzt. Das positive Feedback zeigt mir, dass dieser Ansatz funktioniert und ich den Nerv der Studierenden treffe.
Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Dr. Reto Odermatt:
Sie bedeutet mir sehr viel. Man investiert viel Zeit und Energie in die Lehre, und es ist schön, dafür Anerkennung zu bekommen. Besonders für mich als jüngeren Wissenschaftler ist das ein wertvolles Signal und eine schöne Bestätigung, dass meine Arbeit geschätzt wird.
Haben Sie Tipps für Studierende, die eine Karriere in Ihrem Fachbereich anstreben?
Dr. Reto Odermatt:
Neugierde ist das Wichtigste! Es ist wichtig, echtes Interesse an den Themen zu haben und sich die nötigen Werkzeuge wie beispielsweise Ökonometrie anzueignen. Die Forschung ist ein spannender, aber auch herausfordernder Weg, der nicht immer finanziell attraktiv ist. Deshalb sollte man tiefgehende Fragen haben, die man wissenschaftlich erforschen möchte. Wer bereit ist, diesen Weg zu gehen, kann hier eine unglaublich bereichernde Erfahrung machen.